08 Oct
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Die Lokalzeitung – sie ist das Medium, das seine Leserinnen und Leser seit dem 17. Jahrhundert begleitet und mit den neuesten Informationen aus der Nachnachbarschaft versorgt. Wie das Wirtschaftsmagazins Meedia prognostiziert, wird im Jahr 2033 allerdings die letzte gedruckte Zeitung vom Band laufen. Stirbt also die Lokalzeitung als Printmedium langsam, aber sicher aus? Und woran kann das liegen? Viele geben dem Internet die Schuld. Es stellt viele Inhalte kostenlos und vor allem schnell zur Verfügung. Leser-Reporter, Blogger, Privatleute verbreiten Inhalte. Ausgebildete Redakteurinnen und Redakteure sind offensichtlich nicht notwendig.

Sparen, sparen, kaputtsparen

Und genau hier müsste die Analyse ansetzen. Zahlreiche mittelständische Zeitungsverleger tun dies aber nicht, sondern tun das, was sie immer schon getan haben und wofür man keine Fantasie benötigt: sie sparen, sparen, sparen. Die Personaldecke in manchen Redaktionen ist so dünn, dass die Medienmacher nicht mehr ihren Schreibtisch verlassen können. Dabei sind Lokalredaktionen nicht wie Landesredaktionen vor allem mit dem Managen von Informationen beschäftigt, sondern mit dem Schöpfen von Informationen. Das aber geht nicht vom Schreibtisch aus. Ein dpa-Abonnement nützt einem Lokalredakteur gar nichts. Apropos Abo: Weil seit Jahrzehnten Lokalzeitungen nach dem Abonnement-Modus verbreitet werden, fehlt ein wichtiger Konkurrenzfaktor: der tägliche Kampf ums Überleben. Redakteure bei Boulevardblättern wissen, was gemeint ist. Boulevardzeitungen gibt es in der Regel nicht im Abo, nur am Kiosk. Und noch etwas spielt hinein: der regionale (Quasi-) Monopolismus. Kaum eine Lokalzeitung muss sich mehr im Wettbewerb messen; alle Blätter sind „irgendwie da“ und auch ohne Wettbewerb. Damit wäre ein wesentlicher Grund für den Niedergang des Lokaljournalismus bei den Verlegern zu suchen. Traditionell beschäftigen kleine und mittlere Verleger eher die schwächer qualifizierten Journalisten. Das hat auch jahrzehntelang bestens funktioniert. Die elektronischen Medien – insbesondere die über das Internet jederzeit und überall verfügbaren starken Medienmarken – zeigen die Diskrepanz zwischen einem mäßig qualifizierten Lokalredakteur und einem gut qualifizierten Tagesschauredakteur deutlich.

Auf der Jagd nach der schnellen Nachricht

Einer der „Philosophie-Fehler“ (wenn man so will) zeigt sich zum Beispiel darin, dass Redakteure von Lokalzeitungen immer noch der aktuellen Nachricht hinterherlaufen. Dabei ist die Nachricht schon in dem Moment auf dem digitalen Markt, in dem sie entsteht. Wenn das News-Geschäft aber de facto tot ist, weil gegen WhatsApp nicht anzukommen ist: Was kann dann noch die Existenzberechtigung für Lokaljournalisten sein? Ein Hinweis darauf mag die große alte Wochenzeitung DIE ZEIT liefern: Trotz der altmodischen Papierausgabe, trotz der langsamen Frequenz von 1x pro Woche fährt das Blatt stabile Gewinne ein. Demzufolge muss es sich um Inhalte handeln, für die Leser und Inserenten gerne bezahlen. Diese Inhalte können naturgemäß nicht neu und aktuell sein, sondern müssen hintergründig, analytisch, aufklärend, erklärend – und auf genau diese Art für den Adressatenkreis nützlich sein. Um Journalismus auf diese Art und Weise betreiben zu können, braucht es hinreichend qualifizierte Journalisten. Denn auch im lokalen Bereich ist das Leben so komplex, dass es erklärt werden muss. Die wichtigste Recherchefrage ist (für Lokaljournalisten) demnach nicht wer, wie, was, wann. Sondern: warum.

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