26 Jan
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Selbstbewusstsein macht attraktiv. Das gilt auch für Arbeitgeber, gerade bei der Suche nach künftigen Auszubildenden. Denn wer heute als junger Mensch seinen Weg sucht, hat spezielle Vorstellungen. Einer der ersten Arbeitgeber, die das begriffen hatten, war ALDI. Auf den Rekrutierungsplakaten stand schon vor 2 Jahren: „Hast Du genug Power für ALDI Nord?“ Die Haltung war leicht selbstironisch – was bei jungen Leuten gut ankommt – und die Bildsprache klar und eindeutig, zeigte meist junge Menschen in Kraftpose. Sie machte klar: ALDI bittet und bettelt nicht um Azubis, sondern tritt selbstbewusst und auf Augenhöhe auf, um starke Jungkräfte zu gewinnen. 

Wichtig ist aber auch, den jungen Menschen zu zeigen, was aus Ihnen werden wird, nämlich Experten. Beispiel ist das Foto-Motiv mit Talisa H.; Sie macht Ihre Ausbildung bei der  NeuePflege.Bayern. Selbstbewusst schaut Talisa vom Plakat herab: „Progressive Muskel-Dystrophie? Sagt Dir nichts? Mir schon!“ Ausgangspunkt der Kampagne war die Idee, dass junge Leute nach etwas suchen, was in der eigenen Zukunft „gut für mich“ ist: gute Bezahlung und eine Ausbildung, die Türen öffnet. Ergo: Junge Menschen wollen gute Weichen für ihre Zukunft stellen und sind – anders als die Medien dies über die Gen Z berichten – durchaus leistungsbereit. Ähnlicher Ansatz also wie bei ALDI: Azubi-Marketing muss deshalb vor allem ehrlich sein und mit selbstbewussten und vor allem fachlichen Botschaften ausgestattet sein. 

Studien belegen, dass es noch nie eine leistungsbereitere junge Generation gab als die aktuelle Gen Z der nach 1997 geborenen. Junge Menschen wollen arbeiten, wollen etwas leisten, wollen lernen und sich weiterentwickeln, wollen sich selbst berufliche Chancen erarbeiten und diese später auch nutzen. Sie wollen „etwas aus sich machen“, aber in erster Linie mit Fokus auf Inhalte und Fachlichkeit; gesellschaftliches Ansehen des Berufs ist relativ gesehen unwichtiger geworden. 

Azubi-Marketing wird aber als Teil des Arbeitgebermarketings häufig immer noch stiefmütterlich behandelt. Es gibt vielversprechende Ansätze, die mit viel Engagement der Verantwortlichen umgesetzt werden, aber die Personalabteilung macht es oft noch nebenher. Und das zu einer Zeit, in der der Wettbewerb um Auszubildende hart ist. Zwar wurden in 2023 laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ rund 3,7 Prozent mehr Azubis eingestellt. Dennoch: Bis Anfang September waren von den rund 520.000 bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen noch 177.000 noch zu haben. 

Handwerker konkurrieren mit der Akademisierung der Gesellschaft. Während Betriebe ihre Ausbildungsplätze anpreisen, studieren die Kinder vom Chef. Diese Schere zwischen Gesagtem und Gelebtem nimmt Glaubwürdigkeit und raubt der Attraktivität von Ausbildungen jeglichen Glanz. Es gilt also, die eigene Branche und das eigene Ausbildungsangebot tief und schonungslos zu analysieren. Denn nur, wer mit innerer Überzeugung kommuniziert, wird als authentisch wahrgenommen und ist glaubwürdig. Die Botschaft „Wir machen Dich zum Experten für…“ kann die vermeintliche Qualitätslücke zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung schließen. 

Gerade angesichts der allgegenwärtigen Krisen haben viele junge Menschen die Erfahrung gemacht, dass sie den großen Problemen unserer Welt ohnmächtig gegenüberstehen. Viele haben sich auf ihre persönliche Entwicklung und auf ihre Wirksamkeit im direkten Umfeld konzentriert und haben erlebt, dass es ihnen etwas bringt. Deshalb ist die junge Generation auch trotz globaler digitaler Vernetzung extrem heimatverbunden und hat zunächst keine besonders große Lust, für einen Arbeitsplatz den Heimatort zu verlassen. Unternehmen, die lokal rekrutieren, können das für sich nutzen. Aber der Knackpunkt einer jeden Ausbildung ist ihre Fachlichkeit. Und der Knackpunkt der Azubi-Kommunikation ist Nachvollziehbarkeit.

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