18 Jan
18Jan

Als das Internet seinen Siegeszug antrat, wusste keiner, welche Folgen diese neue Technologie für die Menschen haben würde. Mittlerweile ist das Internet Teil des allgemeinen Lebens geworden. Allen voran die großen Phänomene Hatespeech und Shitstorm. Der „Hass im Netz“ scheint allgegenwärtig.  

„Hass im Netz“ wird allgemein als eine Anhäufung vieler negativer Kommentare auf einer oder mehrerer Plattformen der Social Media gegen eine oder mehrere Personen (privat wie öffentlich), beziehungsweise Unternehmen definiert. 

Der Shitstorm besteht nicht ausschließlich aus Hass-Kommentaren. Er ist oft ein Mix aus normal vorgetragener Kritik und Entgleisungen. Begriffe wie „Hasswelle“ oder „Hasstiraden“ sind Dramatisierungen, wenn man bedenkt, dass viele bekannte Fälle zu einem großen Teil ganz normale Kommentare aufwiesen und nur eine Minderheit den eigentlichen „Sturm“ ausmachte. Hatespeech hingegen ist im Kern eine Anhäufung negativer, oft verunglimpfender Kommentare. Der Shitstorm hat im Kern ein wahres, für Dritte erkennbares, Element. Mit anderen Worten: die Kritik ist nachvollziehbar. Seien es mangelnde Serviceleistungen, Fehler an einer Ware, Fehler in der (Unternehmens-)Kommunikation, politische wie unternehmerische Entscheidungen, die speziell bei Interessengruppen für Kritik sorgen, oder auch das Nichtvorhandensein einer Aktion entgegen den Erwartungen Dritter. 

Hatespeech hat diesen Kern oft nicht. Der Hass gegen Personen aufgrund ihrer Identität, Hautfarbe, Äußerungen, politischer Orientierung, Parteizugehörigkeit oder Aussehen mag auf den ersten Blick ein ebenso erkennbarer Grund sein, ist aber der individuellen Meinung der Kommentatoren zuzuschreiben. Wenn ein Auto einen Mangel hat, der Kundendienst nicht erreichbar ist oder Umweltauflagen nicht erfüllt sind, ergeben sich allgemein für Dritte erkenn- und nachvollziehbare Gründe. Bei Hatespeech liegt dies nicht vor. 

Oft entsteht der Eindruck, dass jede Form der Empörung und deutlichen Kritik Hatespeech oder Shitstorm seien. Dabei sind Begriffe wie „Hass“ und „Empörung“ ebenso von Individuum zu Individuum anders definiert und empfunden. Es ist ein Zeichen für Verrohung der Diskussionskultur im Netz, Argumente in einem angemessenen Umgangston darzulegen. Einer der Gründe mag sein, dass es im Netz möglich ist, ohne Nennung des Klarnamens Äußerungen zu tun. Wer in der persönlichen Auseinandersetzung dem Gegenüber seinen Ärger ins Gesicht schreien will, muss viel höhere soziale und kommunikative Hürden überwinden. 

45 Prozent der professionellen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren in Deutschland haben in ihrer täglichen Arbeit mit Hasskommentaren zu tun, die sie über die sozialen Medien erreichen. Insgesamt nehmen die Kommunikationsexperten einen Anstieg des Phänomens insbesondere seit 2015 wahr. Ein Großteil der Betroffenen (41 Prozent) sieht sich etwa alle drei Monate mit einem Fall von Hate Speech in Unternehmen oder Organisation konfrontiert, zehn Prozent sogar wöchentlich. Das sind Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie, für die 715 Kommunikationsverantwortliche in Deutschland online befragt wurden. Die Studie hat Professor Daniela Stockmann von der Hertie School in Berlin im Auftrag des Bundesverbands der Kommunikatoren (BdKom – ehemals BdP, Bundesverband deutscher Pressesprecher), der Forschungsgruppe Modellprojekte und der Amadeu Antonio Stiftung durchgeführt.

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