16 Aug
16Aug

Manche, die an einer Tastatur sitzen, wissen nicht, dass Sie eine Waffe in der Hand halten. – Der Satz stammt von einem Lokalredakteur aus den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und bezog sich auf die Schreibmaschine. Daran hat sich grundsätzlich in den vergangene 50 Jahren nichts geändert. 

Allerdings waren die Waffen damals vor allem für Journalisten verfügbar. - Heute für jeden. Und fast jeder tut es auch: verbreitet Texte schnell, unkompliziert, digital. Neu sind auf der technischen Seite die Algorithmen, die bestimmte Themen, bestimmte Begriffe „boosten“. Es wird der Content oben gelistet, der am meisten geklickt wird. – Eine systemimmanente Dynamik, die zu analogen Zeiten nicht zu erkennen war. Was auf die Seite 1 einer Zeitung kam, bestimmten Redakteure und nicht die Klickerfahrungen und Klickstatistiken. 

Neu ist auch, dass auf technischen Plattformen (nehmen wir einfach mal: Facebook) fast jeder (Rassisten, Verbrecher) machen kann, was er will. Während in klassischen Medienhäusern (mehr oder weniger gut) ausgebildete Redakteure arbeiten, ist das bei social Networks nicht der Fall. Redakteure sammeln, gewichten und prüfen Informationen. Sie filtern, verändern, ordnen ein. Das kostet Grips und Zeit. Bei Social Networks gibt es keine Redakteure, sondern allerhöchstens ein Beobachterteam mit einer gewissen Eingriffskompetenz. Sie nehmen die allerkrassesten Gewaltfilme aus dem Netz. Dasselbe gilt für gewissen Fotos und gewisse Inhalte. Was und warum gelöscht wird, bestimmt der Kodex des Social Networks und nicht die Diskussion in einer Redaktionskonferenz. 

In der Regel werden die schlecht bezahlten und psychisch stark belasteten Eingreiftrupps der Social Networks erst nachträglich tätig. Sie nehmen also Inhalte raus, die schon für (kurze Zeit – bis zur Meldung durch einen User) im Netz waren. Eine vorherige Bewertung von Inhalten findet nicht statt. Weil die bisherigen redaktionellen Filter, basierend auf den sittlich-ethischen Werten von Redakteuren in Social Networks nicht gelten, konnte dort auch die Sprache  zusehends verrohen. Was früher vielleicht mit viel Adrenalin während einer Straßenschlägerei gebrüllt wurde, wird heute von interessierter Seite mit kühlem Kopf und mit strategischen Hintergedanken gepostet. Das führt zu Cybermobbing, zu Selbstmorden und es führt dazu, dass diese hässliche, verletzende, radikale Web-Sprache inzwischen auch in die Offline-Welt hineinschwappt. (Siehe Trump). 

Damit verändern sich in unserem Alltag die Werte. Wo aber die Sprache brutaler und beleidigender wird, sind die entsprechenden Taten nicht weit; eine Binsenweisheit. Insofern muss der einleitende Satz über die Tastaturen heute weiterentwickelt werden: Mark Zuckerberg und vielleicht eine Hand voll anderer Digital-Diktatoren haben mit der Erfindung der Social Networks das Soziale in unserem Leben in Gefahr gebracht. Social Networks sind längst mehr als bloß Waffen. Es sind Kriegsschauplätze.

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