08 Oct
08Oct

Die Marke After Eight ist wirklich "very British“ und keine sogenannte Kuckucksmarke, die sich ein bestimmtes kulturelles Länder-Image lediglich von außen aneignet, wie es etwa "Häagen Dazs" oder "Puschkin Vodka" tun. Obwohl man den damaligen Hersteller Rowntree – die 1862 von den gleichnamigen Brüdern Henry und Joseph gegründete Schokoladenfabrik in York – durchaus als Traditionsbetrieb bezeichnen kann, entspringt der Name für die hauchdünnen Schokoladentäfelchen mit Minz-Creme-Füllung keiner uralten Tradition. Der Name After Eight beruht auf einer Marketingentscheidung der frühen 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die 1862 gegründete Schokoladenfirma Rowntree war bereits bekannt für eine gute Markenpolitik; 1937 erfand man dort die weltbekannten Marken “KitKat” und “Smarties”.

Minz-Bonbons nach dem Dinner 

Der damalige Marketingleiter und mutmaßliche Namenserfinder John Rhodes Horam, soll – internen Berichten nach – seine persönliche Marotte, nur abends Süßes zu essen, zum Namen gemacht haben. Ob das stimmt oder nur ein schlüssiges Narrativ ist, mag dahinstehen. Einer anderen Erklärung zufolge werden traditionell in England nach dem Abendessen oft Pfefferminzpastillen oder -bonbons, sogenannte „After Dinner Mints“ gereicht, um die positiven Wirkungen der Minze auf die Verdauung zu nutzen und um nach dem Essen einen frischen Geschmack im Mund zu erhalten. Jedenfalls bleibt seit 1962 der Markenname ein geniales Beispiel dafür, wie man über einen Namen einen USP kreieren kann. Eine empfohlene Verzehrzeit zum Namen zu machen, war in dieser Form einmalig; und Einzigartigkeit macht eben eine starke Marke aus. Die Anlehnung an das bekannte “Five o’clock Tea”-Ritual war geschickt und wirkte im In- und Ausland, unterstützt von einer stilisierten, viktorianischen Uhr im Logo. Von After Eight gibt es neben den klassischen Varianten im 200g und 400g Format je eine Geschmacksvariante für den Sommer und den Winter. Hinzu kommen After Eight-Pralinen und Sticks. Zu Weihnachten und Ostern bietet After Eight verschiedene saisonale Produkte wie Weihnachtsmänner, Adventskalender, Osterhasen und Ostereier an.

Britisch – aber doch nicht mehr britisch

Ähnlich ungewöhnlich und so britisch wie der von ihm erschaffene Markenname ist auch die Person Horam (Jahrgang 1939). Er trat als Marketingchef von Rowntree in die Labour Party ein, und nachdem er 1966 gegen einen konservativen Kandidaten verlor, gewann er 1970 ein Unterhausmandat. 1981 wechselte er zu den Sozialdemokraten und 1987 zu den Konservativen. Für die sitzt er nun seit 2013 als Lord im Oberhaus. Die Marke ging zusammen mit Rowntree 1969 in Besitz des vormaligen Konkurrenten Mackintosh über, um dann 1988 von Nestlé akquiriert zu werden. Damit hat After Eight das Schicksal vieler typisch britischen Marken – wie Rolls Royce und Jaguar – ereilt: Es gibt sie noch und sie stehen weiter für urbritische Werte, aber sie gehören nicht mehr den Briten.

Kommentare
* Die E-Mail-Adresse wird nicht auf der Website veröffentlicht.